Stufenbarren im Gerätturnen der Frauen

Stufenbarren in der Wettkampfhalle beim Kunstturnen

Der Stufenbarren: Technik, Bewertung und Anforderungen

Der Stufenbarren ist eines der faszinierendsten Geräte im weiblichen Gerätturnen. Hier treffen Athletik, Eleganz und Flugkunst aufeinander. Turnerinnen gleiten mit scheinbarer Leichtigkeit von Holm zu Holm, verbinden Drehungen, Schwünge und Flugelemente zu einer harmonischen Übung, die technisches Können ebenso wie Mut erfordert. In diesem Beitrag erfährst du, wie der Stufenbarren aufgebaut ist, welche Anforderungen eine moderne Übung erfüllen muss und worauf Kampfrichter besonders achten.


Aufbau des Geräts

Der Stufenbarren besteht aus zwei parallel angeordneten Holmen: einem niedrigeren Holm in etwa 170 cm Höhe und einem hohen Holm bei ca. 250 cm, gemessen vom Boden, inklusive der Matten. Der Abstand zwischen den Holmen kann individuell auf die Körpermaße der Turnerin angepasst werden, meist liegt er zwischen 130 und 180 cm. Beide Holme bestehen aus einer Kombination aus Holz und Glasfaser, um Griffigkeit und Elastizität zu gewährleisten.


Ziel der Übung

Eine Bodenübergreifende Stufenbarrenübung ist durchgehend schwungvoll und dynamisch. Die Turnerinnen führen Drehungen, Riesenfelgen, Schwünge und Flugphasen aus, wechseln dabei zwischen oberem und unterem Holm und nutzen verschiedene Griffarten. Das gesamte Bewegungsbild soll ohne erkennbare Pausen ablaufen – jeder Schwung geht nahtlos in den nächsten über. Ziel ist es, technische Schwierigkeit mit Kontrolle und Ausdruck zu kombinieren.


Aufbau und Bewertung einer Stufenbarrenübung

Schwierigkeit

Eine vollwertige Übung besteht aus acht bewerteten Elementen. Diese müssen aus verschiedenen Elementgruppen stammen, um als ausgewogen zu gelten. Dazu gehören:

  • Flugbewegungen vom oberen zum unteren Holm

  • Flugbewegungen vom unteren zum oberen Holm oder am gleichen Holm

  • Drehungen um die Längsachse (mindestens 180 Grad)

  • Ein gymnastisch anspruchsvoller Abgang (z. B. Doppelsalto, Schrauben)

Ergänzt wird das Ganze durch Verbindungsboni: Turnerinnen, die schwierige Elemente direkt kombinieren, erhalten Zusatzpunkte für das Risiko und den Fluss der Bewegung.

Darüber hinaus gibt es verpflichtende Bestandteile, die in jeder Übung enthalten sein müssen. Dazu zählen unter anderem:

  • Ein Wechsel zwischen oberem und unterem Holm

  • Zwei unterschiedliche Flugphasen

  • Eine Längsachsendrehung

  • Ein Abgang mit mindestens mittlerem Schwierigkeitsgrad

Ausführung

Die Ausführung wird vom E-Kampfgericht bewertet. Bewertet werden dabei unter anderem:

  • Körperhaltung: gestreckte Beine, gespannte Füße, verlängerte Körperlinien

  • Rhythmus: kontinuierlicher Bewegungsfluss ohne Stopps oder Pausen

  • Technik: sichere Griffe, genaue Holmwechsel, saubere Flugphasen

  • Ausdruck: Kontrolle, Selbstverständlichkeit, Präsenz

Jede Unsicherheit, jede Pause oder jeder sichtbare Kraftansatz kann zu Abzügen führen. Auch kleine technische Fehler wie ein leicht gebeugtes Knie oder ein nicht durchgestreckter Rücken werden registriert.


Elemente einer modernen Übung

Eine typische Stufenbarrenübung auf hohem Niveau beinhaltet eine Kombination aus Riesenfelgen, Drehungen, Flugteilen und einem dynamischen Abgang. Besonders beliebt sind z. B.:

  • Riesenfelgen in verschiedenen Griffarten (z. B. Ellgriff, Kammgriff, Ristgriff)

  • Flugteile wie Tkachev, Jaegersalto, Pak Salto oder der Shaposhnikova

  • Drehverbindungen wie Stalder 1/1, Maloney, Van Leeuwen

  • Abgänge mit Salti, oft mit Schrauben (z. B. Doppelsalto)

Dabei ist nicht nur das einzelne Element wichtig, sondern auch die Art, wie es in die Übung eingebettet ist. Eine Kombination aus Schwierigkeit und Eleganz ist das, was am Ende zählt.


Häufige Fehler

Auch kleine Fehler können die Bewertung spürbar beeinflussen. Dazu gehören:

  • Unsaubere Flugphasen mit mangelnder Streckung

  • Sichtbare Pausen oder "Abhängen" am Holm

  • Verpasste Verbindungen, die zum Verlust von Bonuspunkten führen

  • Unkontrollierte oder instabile Landung beim Abgang


Was eine gute Stufenbarrenturnerin mitbringen muss

Turnerinnen, die an diesem Gerät erfolgreich sein wollen, brauchen:

  • Ausgeprägte Körpermitte-Stabilität und Griffkraft

  • Beweglichkeit in Schulter und Hüfte

  • Hohes technisches Verständnis für Drehachsen und Griffwechsel

  • Mentale Stärke und Mut, um dynamische Flugteile sicher zu zeigen

  • Ein gutes Rhythmusgefühl für eine Übung ohne Stockungen


Fazit

Der Stufenbarren ist ein Paradebeispiel für technische Komplexität und körperliche Beherrschung. Wer hier brilliert, zeigt nicht nur Mut und Athletik, sondern auch das Gespür für Bewegung und Timing. Eine gute Stufenbarrenübung ist nicht nur eine Aneinanderreihung von Elementen, sondern eine fließende Choreografie am Gerät. Sie ist anspruchsvoll, beeindruckend und unverkennbar ein Aushängeschild des modernen Turnens.

 

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