Das Bodenturnen

Bodenfläche beim Gerätturnen

Bodenturnen im Gerätturnen: Aufbau, Bewertung und Anforderungen

Bodenturnen zählt zu den spektakulärsten Disziplinen im Gerätturnen – und das nicht ohne Grund. Hier treffen Akrobatik, Eleganz und Athletik in einem fließenden Bewegungsablauf aufeinander. Doch was macht eine gute Bodenübung aus? Wie wird sie bewertet? Und welche Fähigkeiten braucht man, um hier zu glänzen?

Was ist Bodenturnen überhaupt?

Das Bodenturnen wird auf einer federnden Bodenfläche von 12 x 12 Metern durchgeführt. Die Turner:innen zeigen in 70 Sekunden (Männer) bzw. 90 Sekunden (Frauen) eine frei choreografierte Übung mit akrobatischen, gymnastischen und kraftbetonten Elementen. Musik kommt nur im weiblichen Bereich zum Einsatz – bei den Frauen ist die Verbindung aus Tanz, Akrobatik und Ausdruck Pflichtbestandteil.


So funktioniert die Bewertung – das Scoring-System

Seit einigen Jahren besteht das Bewertungssystem aus zwei Teilen:

1. D-Note („Difficulty Score“)

Die D-Note errechnet sich aus:

  • den 8 schwierigsten Elementen (bei Männern) bzw. den 8 höchsten Wertteilen inkl. Abgang (bei Frauen),

  • den sogenannten Elementgruppen, die abgedeckt sein müssen (z. B. Vorwärtssalti, Rückwärtssalti, Drehungen usw.),

  • Verbindungsboni für direkt aneinandergereihte schwierige Elemente.

Bei Männern müssen vier Elementgruppen erfüllt sein:

  1. Nicht-akrobatische Elemente (z. B. Standwaagen, Handstandpressen)

  2. Vorwärtsakrobatik

  3. Rückwärtsakrobatik

  4. Salti mit mindestens einer ganzen Schraube

Bei Frauen kommen zusätzlich Kompositionsanforderungen hinzu, wie z. B.:

  • Verbindung aus zwei verschiedenen Sprüngen (einer davon mit 180°-Spagat),

  • mindestens eine Drehung (z. B. Pirouette),

  • eine Akrobatische Serie mit zwei Flugteilen,

  • Akrobatik in unterschiedliche Richtungen (vorwärts und rückwärts).

2. E-Note („Execution Score“)

Sie startet bei 10,0 Punkten und wird für Fehler abgezogen:

  • Technische Fehler (z. B. gebeugte Knie, unsaubere Landung)

  • Artistische Mängel (z. B. mangelnder Ausdruck, keine Rhythmuswechsel)

  • Kompositionsfehler (z. B. Wiederholungen, keine Raumausnutzung)

Zusätzlich können Neutralabzüge folgen, z. B. für:

  • Überschreiten der Zeitbegrenzung

  • Verlassen der Bodenfläche

  • Pausen über 2 Sekunden

  • Keine saubere Nutzung aller vier Ecken


Was macht eine starke Bodenübung aus?

Eine guter Turner*in am Boden überzeugt nicht nur durch Schwierigkeit, sondern vor allem durch Kontrolle und Stil. Typisch sind Kombinationen aus:

  • Mehrfachsalti mit Schrauben

  • Handstandelemente mit Kraft

  • Drehungen oder Waagen auf einem Bein (bei Frauen)

  • Kreative Übergänge und raumgreifende Bewegungen

Männer zeigen meist vier bis fünf akrobatische Bahnverbindungen (sogenannte Diagonalen), Frauen kombinieren akrobatische und tänzerische Elemente fließend zur Musik.


Typische Fehler und Abzüge

Bei Männern:

  • Unsichere Landungen: bis zu 0,5 Punkte

  • Nutzung derselben Diagonale zu oft: 0,3 neutral

  • Fehlende Mehrfachsalti oder Balanceelemente: 0,5 Punkte Abzug

Bei Frauen:

  • Kein Tanzsprung mit 180°-Spagat: 0,5 Punkte

  • Zu wenig Ausdruck, kein Rhythmuswechsel: 0,1–0,3 Punkte

  • Keine Rückwärts-Akrobatik: 0,5 Punkte


Anforderungen an erfolgreiche Turner:innen

Ein hohes Niveau im Bodenturnen erfordert:

  • Explosivität für kraftvolle Salti

  • Technische Präzision für saubere Landungen

  • Kraftausdauer für fließende Übergänge

  • Rhythmusgefühl (v. a. bei Frauen) für musikalische Interpretation

  • Kreativität, um sich von der Konkurrenz abzuheben

Im Nachwuchsbereich liegt der Fokus zunächst auf Technik und Ausdruck, später rückt die Schwierigkeit in den Vordergrund.


Fazit: Der Boden – die Bühne des Gerätturnens

Bodenturnen ist mehr als nur Salti aneinanderzureihen. Es ist die Kunst, Kraft, Dynamik und Präzision in einem harmonischen Bewegungsfluss zu vereinen. Wer hier brillieren will, braucht nicht nur Athletik, sondern auch Kreativität und Ausdruckskraft. Gerade deshalb ist der Boden oft das Highlight im Gerätefinale – für Athlet:innen wie auch für Zuschauer.

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